Karyatide (Gottfried Benn)
Entrücke dich dem Stein! Zerbirst
Die Höhle, die dich knechtet! Rausche
Doch in die Flur, verhöhne die Gesimse --:
Sieh: durch den Bart des trunkenen Silen
Aus seinem ewig überrauschten
Lauten einmaligen durchdröhnten Blut
Träuft Wein in seine Scham.

Bespei die Säulensucht: toderschlagene
Greisige Hände bebten sie
Verhangnen Himmeln zu. Stürze
Die Tempel vor die Sehnsucht deines Knies,
In dem der Tanz begehrt.

Breite dich hin. Zerblühe dich. O, blute
Dein weiches Beet aus großen Wunden hin:
Sieh, Venus mit den Tauben gürtet
Sich Rosen um der Hüften Liebestor -
Sieh' dieses Sommers letzten blauen Hauch
Auf Astermeeren an die fernen
Baumbraunen Ufer treiben, tagen
Sieh' diese letzte Glück-Lügenstunde
Unserer Südlichkeit,
Hochgewölbt.